Álvaro Ariznavarreta: „Sich anzupassen bedeutet nicht, die spanische Unternehmensidentität aufzugeben, sondern sie in den deutschen Kontext zu übertragen“
Álvaro Ariznavarreta ist seit letztem Jahr Mitglied des Vorstands der Kammer. Die „Komplexität”, die die Anpassung an ein neues Umfeld mit sich bringt, war einer der Hauptgründe, warum er nach Deutschland gezogen ist. Mit seiner umfangreichen Erfahrung im Management von Implementierungsprojekten in Deutschland hat Álvaro sich zum Ziel gesetzt, dass sich KMU beim Eintritt in den deutschen Markt vertreten, verstanden und begleitet fühlen.
(F) Zunächst einmal, um sich der Kammergemeinschaft vorzustellen: Wer ist Álvaro Ariznavarreta und was hat Sie dazu bewogen, nach Deutschland zu ziehen?
(A) Ich bin ein neugieriger Mensch, der gerne hilft, lernt, sich weiterentwickelt und Herausforderungen annimmt. Deutschland hat mich genau aus diesem Grund angezogen: wegen der Komplexität, die die Anpassung an eine neue Umgebung mit sich bringt, mit einer anderen Arbeitsweise, einer anderen Kultur und einer anderen Art, berufliche Beziehungen zu verstehen. Normalerweise arbeite ich an Projekten, die Koordination, strategisches Denken und Managementfähigkeiten in den Bereichen Technik, Recht und Personalwesen erfordern. Ich arbeite gerne mit vielfältigen Teams zusammen, setze mich mit dem rechtlichen Rahmen auseinander und suche nach praktischen Lösungen.
(F) Wie verlief Ihr Anpassungsprozess sowohl persönlich als auch beruflich?
(A) Es war ein sehr bereichernder Prozess. Auf beruflicher Ebene ist man gezwungen, sich in einem anspruchsvollen regulatorischen Umfeld zurechtzufinden und Geschäftsmodelle an den deutschen Kontext anzupassen. Auf persönlicher Ebene war das Leben in Deutschland eine echte Entdeckung. Ich glaube, ich habe mich angepasst, sobald ich meine Vorurteile über das Land und seine Menschen hinter mir gelassen habe. Seitdem habe ich gelernt, solide, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen und die deutsche Kultur und Lebensweise zutiefst zu schätzen.
(F) Seit wann sind Sie Mitglied des Vorstands der Kammer und wie kam es dazu?
(A) Die Gelegenheit ergab sich, nachdem ich mit dem Vorstand in Kontakt getreten war, wo ein Mangel an Vertretung spanischer KMU festgestellt wurde, die versuchen, sich in Deutschland niederzulassen. Viele von ihnen stehen vor ähnlichen Herausforderungen, und es war notwendig, ihnen eine Stimme und institutionelle Unterstützung zu geben. Seitdem arbeite ich aktiv an Initiativen mit, die ihre Integration und Sichtbarkeit erleichtern.
(F) Was sind die auffälligsten Unterschiede zwischen der Arbeitsweise in Spanien und in Deutschland?
(A) Auf den ersten Blick scheinen die Unterschiede zwischen dem spanischen und dem deutschen Unternehmensumfeld groß und herausfordernd zu sein. Mit gesundem Menschenverstand, Geduld und einer offenen Haltung lässt sich dieser Eindruck jedoch nach und nach abbauen. Spanische Unternehmen sind sehr anpassungsfähig und können sich ohne größere Probleme in den deutschen Markt integrieren, wenn sie dessen Besonderheiten verstehen und respektieren.
Aus meiner Sicht sind die wichtigsten Unterschiede kultureller Natur. Der Umgang mit Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern unterliegt unterschiedlichen Regeln. Es gibt auch wichtige rechtliche Nuancen, von der Art und Weise, wie Verantwortung übernommen wird, bis hin zur Auslegung von Arbeits- und Handelsverpflichtungen.
Sich anzupassen bedeutet nicht, die spanische Unternehmensidentität aufzugeben, sondern sie unter Berücksichtigung der deutschen Arbeitskultur und der gesetzlichen Anforderungen auf den deutschen Kontext zu übertragen. Diese Kombination kann sehr wirkungsvoll sein, wenn sie mit Intelligenz und Weitsicht gehandhabt wird.
(F) Als Fachmann mit Erfahrung im Management von Telekommunikationsprojekten, wie ist der Stand der Installation und des Ausbaus von Festnetzen in Deutschland?
(A) Die geplanten Geschwindigkeiten und die geplante Abdeckung wurden nicht erreicht. Der Ausbau in Deutschland ist teurer und komplexer als in Spanien. Es gibt strukturelle Probleme: mangelnder Konsens über Prioritäten, administrative Hindernisse, widrige Wetterbedingungen und Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. All dies verlangsamt den Fortschritt.
(F) Welche Rolle spielen Technologien wie Glasfaser und 5G auf dem deutschen Markt?
(A) Beide Technologien sind für die digitale Transformation des Landes von grundlegender Bedeutung. Glasfaser erreicht noch keine optimale Abdeckung, insbesondere in ländlichen Gebieten. 5G schreitet ungleichmäßig voran. Deutschland muss seine Digitalisierung beschleunigen, um seine industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und ausländische Investitionen anzuziehen.
(F) Haben Sie auch eine persönliche Beziehung zu Deutschland?
(A) Ja, natürlich. Ich habe hier sehr gute Freunde gefunden, die mir sicher noch lange erhalten bleiben werden. Außerdem ist Deutschland ein Land, das es kulturell und touristisch zu entdecken gilt, mit wirklich interessanten Orten. Ich ermutige alle Spanier, Deutschland zu besuchen und natürlich keine Angst davor zu haben, mit ihren Unternehmen auf dem deutschen Markt zu wachsen. Das ist wirklich möglich.
(F) Zum Schluss noch eine Frage: Welche Vorteile bietet die Kammer spanischen Unternehmen in diesem Land und wie können Sie persönlich zur Kammer beitragen?
(A) Die Kammer bietet unter anderem institutionelle Begleitung, Networking-Möglichkeiten, die notwendige Stabilität in den ersten Schritten von Unternehmen, die hier ihre Arbeit aufnehmen wollen… Persönlich versuche ich, meine Erfahrung im Projektmanagement und eine praktische Sichtweise auf die Herausforderungen einzubringen, denen spanische KMU bei ihrer Ansiedlung gegenüberstehen. Mein Ziel ist es, dass sie sich vertreten, verstanden und begleitet fühlen.
