Mónica García: „Der Versicherungsmarkt in Deutschland und Europa sieht sich derzeit mit einem komplexen Umfeld konfrontiert, das durch hohe Inflation gekennzeichnet ist“

Mónica García: „Der Versicherungsmarkt in Deutschland und Europa sieht sich derzeit mit einem komplexen Umfeld konfrontiert, das durch hohe Inflation gekennzeichnet ist“

Die Verbindung von Mónica García Cristóbal zu Deutschland reicht weit zurück – sie begann am Goethe-Institut in Madrid Deutsch zu lernen, motiviert durch ihren Wunsch, in Deutschland Genetik zu studieren. Heute ist Mónica García CEO der Verti Versicherung AG in Deutschland und seit Januar 2024 Mitglied des Vorstands. In diesem Interview spricht sie über die Rolle von Verti Deutschland im deutschen Markt und gibt Einblicke in den aktuellen Stand des Versicherungswesens im Land. 


Frage: Frau García Cristóbal, um Sie der Kammergemeinschaft vorzustellen – wer sind Sie, und wie sind Sie nach Deutschland gekommen?

Antwort: Ich bin seit Januar 2024 CEO der Verti Versicherung AG in Deutschland. Zuvor hatte ich über 14 Jahre lang verschiedene Führungspositionen bei MAPFRE inne, darunter als Direktorin für Transformation und als Corporate Director für Digital Business. Meine Zeit bei MAPFRE hat mir umfassende Erfahrungen im Direktgeschäft, in der Digitalisierung und in Transformationsprozessen vermittelt – Erfahrungen, die ich nun in den deutschen Markt einbringe.


Frage: Seit wann gehören Sie dem Vorstand der Spanischen Handelskammer für Deutschland an?

Antwort: Seit 2024.


Frage: Welche Rolle spielt Verti Deutschland innerhalb der MAPFRE-Gruppe und welche Verbindungen bestehen zu Spanien – sowohl auf Unternehmensebene als auch strategisch?

Antwort: Verti Deutschland ist die digitale Tochtergesellschaft von MAPFRE auf dem deutschen Markt und spielt eine zentrale strategische Rolle als Innovationslabor und als Plattform zur Ausweitung des Direktversicherungsmodells der MAPFRE-Gruppe. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, die Digitalisierung und den Online-Vertrieb von Versicherungen – insbesondere Kfz-Versicherungen – voranzutreiben, durch agile Prozesse, Automatisierung und eine direkte Kundenbeziehung.


Darüber hinaus dient Verti Deutschland als Plattform zur Internationalisierung der in Spanien entstandenen Marke Verti und trägt die digitale und technologische Erfahrung der Gruppe in andere Märkte. Verti Deutschland ist somit eine tragende Säule in der Strategie von MAPFRE, sich als relevanter Akteur im digitalen Versicherungsbereich in Europa zu positionieren.


Frage: Welche Besonderheiten weist der deutsche Versicherungsmarkt auf?

Antwort: Der deutsche Kfz-Versicherungsmarkt ist dadurch geprägt, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung obligatorisch ist – ohne sie kann kein Fahrzeug zugelassen oder gefahren werden. Ergänzend erweitern Teilkasko- und Vollkasko-Versicherungen den Schutz um Eigen- und Diebstahlschäden oder Schäden durch Naturereignisse. Auch persönliche Faktoren wie die Fahrhistorie oder schadenfreie Jahre spielen eine wichtige Rolle.


Der Markt ist stark reguliert und von intensivem Wettbewerb geprägt. Die Prämien werden anhand von Regional- und Typklassen (Regionalklassen und Typklassen) festgelegt, die jährlich auf Basis von Unfall- und Reparaturstatistiken aktualisiert werden.


Innovative Angebote wie Telematik-Tarife und digitale Services gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Sektor steht derzeit unter Kostendruck, da die Schadenskosten in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Zudem beeinflussen Trends wie Elektromobilität, Sharing Economy und veränderte Mobilitätsgewohnheiten das Produktangebot und zwingen die Versicherer zu Anpassungen.


Frage: Welche Hauptchancen und -herausforderungen sieht der Versicherungsmarkt in Deutschland und Europa derzeit?

Antwort: Der Versicherungsmarkt in Deutschland und Europa steht derzeit vor einem komplexen Umfeld, das durch hohe Inflation, steigende Schaden- und Reparaturkosten, die Auswirkungen des Klimawandels, wirtschaftliche Unsicherheiten, regulatorische Entwicklungen und wachsende Anforderungen an Nachhaltigkeit (ESG) geprägt ist. Hinzu kommt die Notwendigkeit, die digitale Transformation zu beschleunigen, um sich an neue Verbraucherbedürfnisse und -erwartungen anzupassen.


Gleichzeitig entstehen daraus bedeutende Chancen: Die Digitalisierung ermöglicht eine höhere operative Effizienz und eine verbesserte Kundenerfahrung; fortgeschrittene Analytik und künstliche Intelligenz erlauben eine präzisere Preisgestaltung und Risikosteuerung; und die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen und personalisierten Produkten fördert Innovation und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Versicherungssektors.


Frage: Welche Trends werden Ihrer Meinung nach die Zukunft der Versicherungsbranche am stärksten prägen?

Antwort: Die Zukunft der Kfz-Versicherung wird maßgeblich durch den Wandel der Mobilität bestimmt: Elektrifizierung, autonomes Fahren, Carsharing-Modelle und multimodaler Verkehr – also die Kombination verschiedener Verkehrsmittel auf einer Strecke – verändern die Art und Weise, wie Menschen Fahrzeuge nutzen. Damit ändern sich auch die Bewertungs- und Versicherungsgrundlagen von Risiken. Kfz-Versicherer stehen vor der Herausforderung, Mobilität neu zu denken und ihre Produkte an diese neuen Realitäten anzupassen.


Gleichzeitig wird die Digitalisierung die Kundenbeziehung weiter transformieren – hin zu agileren, transparenteren und individuelleren Erlebnissen. Künstliche Intelligenz treibt die Automatisierung von Prozessen und die Entwicklung von verhaltens- und bedarfsorientierten Tarifen voran. Regulatorische Veränderungen, insbesondere im Bereich Datenschutz und Nachhaltigkeit, verstärken diesen Wandel zusätzlich und fördern ein verantwortungsbewussteres, an sozialen und ökologischen Prioritäten ausgerichtetes Versicherungsmodell.


Frage: Welche zukünftigen Projekte und Pläne verfolgt Verti in Deutschland?

Antwort: Wir treiben derzeit eine umfassende Modernisierung unserer IT-Systeme voran, mit dem Ziel, die wichtigsten Versicherungsprozesse für unsere Kunden und Geschäftspartner deutlich effizienter und effektiver zu gestalten. Im Rahmen dieser Transformation setzen wir stark auf Automatisierung – insbesondere im Schadenmanagement –, um unseren Kunden schneller helfen zu können. Gleichzeitig verbessern wir unsere digitalen Prozesse, um sowohl den Online-Vertrieb als auch die Zusammenarbeit mit Partnern zu erleichtern.


Parallel dazu stärken wir unsere Datenstrategie, um personalisierte Produkte und Services zu entwickeln und eine flexiblere Kundenerfahrung zu bieten. Diese neue technologische Umgebung wird es uns ermöglichen, neue Produkte und Dienstleistungen schneller einzuführen und zusätzliche Vertriebspartner anzubinden, was unsere Wettbewerbsposition erheblich verbessern wird. Konkret werden wir im ersten Quartal 2026 ein neues Produkt für die private Haftpflichtversicherung auf den Markt bringen.


Frage: Welche Kooperationsmöglichkeiten sehen Sie zwischen spanischen und deutschen Unternehmen im Bereich Innovation und Digitalisierung?

Antwort: Es gibt zahlreiche Chancen in diesem Bereich, insbesondere durch Wissensaustausch und gemeinsame Pilotprojekte. Nach meiner Erfahrung bringt Spanien starke Kompetenzen in der digitalen Transformation und eine agile Innovationskultur mit, während Deutschland durch industrielle Stärke und datenbasierte Präzision überzeugt.


Die Zusammenarbeit zwischen Verti Deutschland und der spanischen Muttergesellschaft MAPFRE zeigt bereits, wie erfolgreich die gemeinsame Entwicklung digitaler Lösungen und neuer Mobilitätskonzepte sowie deren lokale Anpassung sein kann. Europäische Kooperationen fördern Innovation, indem sie kulturelle Stärken verbinden.


Frage: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage – haben Sie auch eine private Verbindung zu Deutschland?

Antwort: Als Jugendliche begann ich am Goethe-Institut in Madrid Deutsch zu lernen, da ich ursprünglich in Deutschland Genetik studieren wollte. Durch das Erlernen der Sprache kam ich der deutschen Kultur näher und entdeckte mein Interesse daran. Später entschied ich mich, einen anderen beruflichen Weg einzuschlagen und Nachrichtentechnik zu studieren, doch meine Neugier auf Deutschland blieb bestehen.


Dank der Deutschen Botschaft in Spanien hatte ich die Gelegenheit, an einem sozialen Arbeitscamp in einem kleinen Ort namens Großenaspe in Schleswig-Holstein teilzunehmen. Während dieses Sommers besuchte ich Hamburg und verliebte mich sofort in die Stadt. Jahre später vertiefte sich diese Verbindung, als ich dort bei Philips Semiconductors arbeitete und meine Abschlussarbeit in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg schrieb.