Felipe Montero, CEO von Iberdrola Deutschland: „Ich freue mich darauf, meine Erfahrungen aus der Energiebranche einzubringen und die Zusammenarbeit zwischen Spanien und Deutschland weiter zu stärken“

Felipe Montero, CEO von Iberdrola Deutschland, tritt nach seiner Ernennung auf der zuletzt abgehaltenen Mitgliederversammlung dem Vorstand der Spanischen Handelskammer in Deutschland bei. Seine umfangreiche internationale Erfahrung und seine Führungsrolle an der Spitze von Iberdrola Deutschland werden dazu beitragen, wertvolle strategische Impulse zu setzen, die die Geschäftsbeziehungen zwischen Spanien und Deutschland stärken. Im folgenden Interview gibt Montero einen Überblick über seine bisherige berufliche Laufbahn in Deutschland bei Iberdrola und geht dabei auch auf die aktuelle Situation im Bereich der erneuerbaren Energien auf dem deutschen Markt ein.

 

(P) Um sich der Kammergemeinschaft vorzustellen: Wer ist Felipe Montero und wie sind Sie nach Deutschland angekommen?

Ich bin CEO von Iberdrola Deutschland und seit über einem Jahrzehnt in der Energiebranche tätig. Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Madrid und Elektrotechnik an der Technischen Universität Berlin studiert sowie einen MBA an der ICADE Business School und der University of Strathclyde absolviert. 2010 begann ich meine Laufbahn bei Iberdrola mit dem Offshore-Windpark Wikinger in der Ostsee. Seitdem durfte ich bedeutende Projekte wie Baltic Eagle leiten und verantworte heute unsere integrierte Wachstumsstrategie im Bereich erneuerbare Energien in Deutschland.

(P) Was bedeutet es für Sie, dem Vorstand der Spanischen Handelskammer für Deutschland beizutreten?

Es ist mir eine große Ehre. Die Spanische Handelskammer ist eine wichtige Plattform für den wirtschaftlichen Austausch zwischen Spanien und Deutschland. Ich freue mich darauf, meine Erfahrungen aus der Energiebranche einzubringen und die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern weiter zu stärken.

(P) Welche Synergien erwarten Sie zwischen Iberdrola Deutschland und der Kammer im Interesse des spanisch-deutschen Wirtschaftsnetzwerks?

Iberdrola steht für langfristige Investitionen, technologische Innovation und nachhaltige Energieversorgung. Diese Werte passen sehr gut zu den Zielen der Kammer. Ich sehe großes Potenzial, gemeinsam neue Impulse für die Energiewende und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu setzen – insbesondere in Bereichen wie grüne Infrastruktur und Fachkräfteentwicklung.

(P) Welche Rolle spielt Iberdrola Deutschland, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Iberdrola in Deutschland?

Wir sind die zentrale Plattform für Iberdrolas Aktivitäten in Deutschland – mit Fokus auf Offshore-Wind, Onshore-Wind, Photovoltaik und zunehmend auch Speicherlösungen. Mit dem Baltic Hub in der Ostsee bauen wir eines der größten Offshore-Cluster Europas auf. Gleichzeitig entwickeln wir ein wachsendes Portfolio an Projekten an Land. Iberdrola Deutschland ist eine der größten Landesgesellschaften innerhalb der Iberdrola-Gruppe, daher ist Deutschland für uns ein wichtiger Kernmarkt.

(P) Als Geschäftsführer in Deutschland des größten europäischen Energieversorgers, wie wichtig ist Deutschland generell für Spanien, wenn es um die Energiebranche geht?

Iberdrola ist der größte Stromversorger Europas – und Deutschland die größte Volkswirtschaft des Kontinents. In einem so bedeutenden Markt eine aktive Rolle zu spielen, ist für uns nicht nur sinnvoll, sondern strategisch essenziell. Deutschland ist einer der wichtigsten Energiemärkte Europas, mit hoher industrieller Nachfrage, politischer Stabilität und ambitionierten Klimazielen. Für ein Unternehmen wie Iberdrola ist es entscheidend, in einem solchen Markt präsent zu sein. Gleichzeitig bietet Deutschland viele Chancen für spanische Unternehmen, ihre Expertise in der Energiewende einzubringen.

(P) Sie wurden 2023 zum CEO von Iberdrola Deutschland ernannt, aber Sie begannen Ihre Karriere bei Iberdrola im Jahr 2010 mit der Tätigkeit am Offshore-Windpark Wikinger, dem ersten Offshore-Windprojekt von Iberdrola in Deutschland. Wie hat sich die Branche der erneuerbaren Energien in Deutschland seit Ihrer Ankunft entwickelt? Was sind die offensichtlichsten Veränderungen, die Ihnen aufgefallen sind?

Die Entwicklung war beeindruckend. Als wir mit Wikinger begonnen haben, steckte Offshore-Wind in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Heute ist es ein zentraler Pfeiler der Energiewende. Gleichzeitig sind die Herausforderungen gewachsen – etwa durch steigende Kosten, komplexe Genehmigungsverfahren und ein Ausschreibungssystem, das dringend reformiert werden muss. Aber das Potenzial bleibt enorm.

(P) Europa ist Ihr Hauptmarkt, neben den USA, Brasilien, Mexiko oder Australien. Welche Herausforderungen stellt der deutsche Markt im Besonderen?

Die größte Herausforderung ist derzeit die Planungs- und Investitionssicherheit. Das aktuelle Auktionsdesign zwingt Entwickler zu Entscheidungen, lange bevor zentrale Projektparameter feststehen. Das erhöht die Risiken und erschwert die Finanzierung. Gleichzeitig braucht es mehr Tempo beim Netzausbau und eine bessere Koordination zwischen Bund, Ländern und Behörden.

(P) Kürzlich haben Sie bei einer Veranstaltung betont, dass bis 2045 in Deutschland 70 GW Offshore-Windkraftleistung installiert werden müssen, die nicht allein von der Industrie finanziert werden kann. Wo sehen Sie die Lösung?

Wir brauchen einen stabilen und verlässlichen Finanzierungsrahmen. Zweiseitige Differenzverträge – sogenannte CfDs – wären ein sinnvoller Weg, um Risiken zu reduzieren und faire Bedingungen für Investitionen zu schaffen. Offshore-Wind ist kapitalintensiv, aber auch eine der effizientesten und klimafreundlichsten Energiequellen. Damit sie ihr Potenzial entfalten kann, braucht es passende Rahmenbedingungen.

(P) Was können Sie uns über die anstehenden Projekte und Zukunftspläne von Iberdrola in Deutschland erzählen?

Mit Baltic Eagle und Windanker bauen wir unseren Baltic Hub auf über 1,1 GW Offshore-Leistung aus. Parallel dazu entwickeln wir ein Onshore-Portfolio mit über 1 GW an Wind- und PV-Projekten. Auch neue Geschäftsbereiche wie Speicherlösungen gewinnen an Bedeutung. Unser Ziel ist es, bis 2030 mindestens 2 GW ans Netz zu bringen – und dabei weiter in Deutschland zu wachsen.

(P) Welche Rolle könnten spanische Unternehmen aus dem Bereich Energie und erneuerbare Energien bei Projekten in Deutschland spielen?

Spanische Unternehmen bringen viel Erfahrung, Innovationskraft und Flexibilität mit – gerade im Bereich der erneuerbaren Energien. In Deutschland gibt es großen Bedarf an Partnern, die Projekte effizient umsetzen können. Ich sehe viele Chancen für Kooperationen, sei es bei Planung, Bau oder Betrieb von Energieinfrastruktur.

(P) Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Haben Sie auch eine persönliche Beziehung zu Deutschland? (Familie, Studium…)

Ja, auf jeden Fall. Ich habe an der TU Berlin studiert und viele Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet, insbesondere im Rahmen unserer Offshore-Projekte. Ich schätze die Kultur, die Verlässlichkeit und die Offenheit sehr – beruflich wie privat. Auch persönlich verbindet mich viel mit dem Land: Ich habe hier meine Familie gegründet und mein erster Sohn wurde in Berlin geboren. Deutschland ist für mich längst mehr als nur ein Arbeitsort.